Begründung
Die gelungene musikalische Gestaltung der Hörspiele "Die Zeit ist aus den Fugen" von Waldtraut Lewin nach Vladimir Pozner, "Telefonsuse" von Ricarda Bethke und "Die Mittagsfrau" von Lothar Walsdorf ist dem sorbischen Komponisten und Musiker Jan Bilk zu verdanken.
Den Lehrbeauftragten für Synthesizer- und Computermusik an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" für das Kinderhörspiel zu interessieren, erwies sich als Gewinn. Die thematische Verschiedenheit der drei Hörspiele ermöglichte die Vielfalt elektronischen Musizierens auszuprobieren, wobei originell und eindrucksvoll die Musik ihr eigenes Verhältnis zum Gehalt des Erzählten erreichte.
Ein gewaltiges, rhythmisch betontes Orgelthema zu Beginn von "Die Zeit ist aus den Fugen" gibt eine Vorahnung auf dramatisches Geschehen, fordert Aufmerksamkeit, Bereitschaft zum Zuhören.
"Die Mittagsfrau" - das phantasievolle Märchen für die jüngsten Hörer - öffnet sich mit melodischen Reizen, die neugierig machen.
Ein rockiger Song bildet den Auftakt zur Gegenwartsstory "Telefonsuse". Ein künstlerisches Prinzip wird erkennbar: Die Musik baut mit ihren Mitteln Erwartungen auf, begleitet die Geschichte im Rhythmus ihres Geschehens, findet ihren Ton gegenüber der Handlung. Ihre Akzentuierungen führen und heben den dramatischen Verlauf.
In "Die Zeit ist aus den Fugen" suggerieren Variationen des Anfangsthemas, manchmal Musikfetzen oder Akkorde, die Ängste geflüchteter Juden. Als sie in der Kirche aufgespürt und weggetrieben werden, interpretieren klopfende, harte Töne die Szene. Tritt die "Mittagsfrau" auf, ist ein kurzer, metallischer Klang zu hören; er wird wiederholt, wenn sie gegen Ende die Sichel mit Wucht ins Feld spießt. Das sind nicht lediglich Effekte, die Musik bringt vielmehr emotionale Wirkungen ein.
Jan Bilk knüpft mit seinen Schöpfungen an moderne Hörgewohnheiten jüngerer Hörer an. Bei aller Eigenständigkeit ist seine Musik stets aufs Engste mit dem Text verbunden, stellt sich bewußt dem ästhetischen Ziel des Werkes.
Dr. Steffen Peltsch, Vorsitzender der Jury für den Kinderhörspiel-Kritikerpreis
Berlin, den 8. April 1988
Kirchenräume waren bislang kaum Orte, die auf sich durch besonders multimediale Ereignisse aufmerksam gemacht haben. Doch sein einigen Jahren sind die zwei gebürtigen Lausitzer Jan Bilk und Tomas Nawka mit ihrem Projekt SERVI dabei, dies zu ändern und das mit großem Erfolg, wovon sich Production Partner-Redakteur Sebastian Isbert selbst überzeugen konnte. Er besuchte SERVI bei ihrem neuen Programm "Meditatio in variatione" in der katholischen Kirche Bubenreuth bei Erlangen.
Die Idee von SERVI war und ist es, "Kirche als sakralen Raum in einem anderen Licht zu zeigen", so Tomas Nawka. "So werden meditative Stimmungen und Inhalte mit Hilfe elektronischer Musik, Dias, Zwischentexten und der Lightshow vermittelt". Dabei ist das Projekt nicht konfessionell festgelegt. SERVI selbst gibt es seit 20 Jahren, wobei 1982 aus einfachem Kirchenrock die ersten Schritte in Richtung einer multimedialen Veranstaltung unternommen wurden, damals unter anderem noch mit Super-8-Filmprojektionen.
Voraussetzung für die Realisation der aktuellen "multimedialen Performance" ist immer eine bestimmte Mindestgröße des Kirchenraumes, auch hinsichtlich der Zuschauerzahlen (ab etwa 1.000 Personen). So muß genug Platz vorhanden sein, um den Technik-Tower im Mittelschiff aufzunehmen, von dem aus Ton, Licht und Diaprojektionen gesteuert werden - und es muß ausreichend Abstand zur Verfügung stehen, um die Dias auf eine Leinwand der Größe 5,6x5,0m projizieren zu können.
Aber das wird bereits in der Planungsphase bedacht, in der sich Jan Bilk und Tomas Nawka stets einen Grundriß der jeweiligen Kirche geben lassen und auch vor Ort von den Gegebenheiten überzeugen. Wichtig ist dabei auch die Fragestellung, wie man erreicht, daß die etwa 20 Synthesizer und sonstigen Aktionsbauten zentral sichtbar sind, ohne dabei den Blick auf den Altar beziehungsweise auf das Kreuz zu verdecken, und wie man trotzdem die Projektion von Dias ermöglicht.
Da die beiden Musiker in der Kirche sozusagen "groß geworden" sind, ist klar, daß Technik nur Mittel zum Zweck sein darf und sich so in den Kirchenraum zu integrieren hat, dass sie nicht von der eigentlich meditativen Botschaft ablenkt. Der Besucher soll seine Kirche stets wiedererkennen.
In der Tat hatte man in Bubenreuth nie den Eindruck, dass die technischen Aufbauten den Raum vordergründig beherrschten.
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Fazit
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in Bubenreuth etwas stattfand, was man getrost mit dem Begriff "Superlative" umschreiben kann: ein großes Projekt, technisch perfekt und bis ins Kleinste durchdacht, geplant und ausgeführt, und künstlerisch anspruchsvoll.
Das Ergebnis eines solchen Abends ist das gute Gefühl, etwas Besonderes erlebt und gesehen zu haben. Und es zeigt, daß modernste Technik nicht nur im Rock'n' Roll, bei Shows, im Musical, Theater oder bei Präsentationen zu nutzen ist, sondern auch an so ungewöhnlichen Orten wie einer Kirche.